Der September ist historisch gesehen oft ein schwacher Monat am Aktienmarkt und so entwickelte er sich auch in diesem Jahr negativ im Vergleich zum Vormonat. Die höheren Anleiherenditen in den USA und Europa als auch schwächere Konjunkturaussichten in Europa und China belasteten die Märkte.
Die Ursachen dafür lagen darin, dass die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins Mitte September auf 4,5 Prozent erhöhte, was die 10. Zinserhöhung seit Juli 2022 bedeutete. Das amerikanische Pendant, die Federal Reserve System (Fed), legte die erwartete Zinspause ein und beließ den Leitzins bei einer Spanne zwischen 5,25 Prozent und 5,5 Prozent. Damit erscheint sowohl für Europa als auch für Amerika ein sogenanntes Zinsplateau erreicht. Der Consensus geht einstweilen von “higher for longer” aus, da die Zentralbanken ein Untersteuern, d.h., durch ein zu frühes Senken der Zinsen die Inflation wieder zu entfachen, vermeiden wollen.
Entwicklung der Anlagemärkte im September 2023
Nach dem leichten Rückgang im Vormonat, konnten die Finanzmärkte im September 2023 diesen Trend nicht stoppen. Es ging dagegen ordentlich weiter abwärts mit den Kursen. Dabei machten Wachstumswerte und Substanzwerte ähnliche Rücksetzer. So musste der amerikanische wachstumsorientierte Aktienindizes NASDAQ 100 Index einen Rückgang von -5,1 Prozent verkraften und der substanzorientierte Dow Jones Industrial Average Index ging mit -3,5 Prozent nach unten. Der S&P 500 Index lag mit -4,9 Prozent zwischen NASDAQ 100 Index und Dow Jones Industrial Average Index.
An den europäischen Aktienmärkten ging es dem amerikanischen Trend folgend auch unten. Es gab aber auch einen Gewinner. Der deutsche DAX Index musste einen Rückgang von -3,5 Prozent und der französische CAC 40 Index ein Minus von -2,5 Prozent verkraften, ähnlich wie im Vormonat. Der britische FTSE 100 Index trotze dem Trend und konnte mit einem Zugewinn von +2,3 Prozent die bisherige Abwärtsspirale beenden. Auch der spanische IBEX 35 Index lag mit -0,8 Prozent noch gut im Rennen.
Dieser Trend spiegelte sich auch im Ergebnis des Eurostoxx 50 Index wieder, der mit -2,9 Prozent auch einen größeren Rückgang zu verzeichnen hatte. Der marktbreitere Stoxx Europe 600 Index fiel nicht ganz so tief und schloss mit -1,7 Prozent ab.
Auch in Asien ging es nach unten. So konnte sich der japanische NIKKEI 225 Index zwar von den stärkeren Rückgängen in den USA abkoppeln, musste sich aber dennoch mit -2,3 Prozent auf dem europäischen Niveau geschlagen geben. Die chinesischen Aktienwerten wurden dagegen nicht mehr so kräftig „durchgeschüttelt“ wie im Vormonat. So konnte der Hang Seng Index mit -3,1 Prozent den Kursrückgang vom Vormonat minimieren, während sich der Shanghai Composite Index mit – 0,5 Prozent unter den weltweiten Top-Indizes sehr ansprechend platzieren konnte.
Beim weltweiten nordamerikanisch lastigen MSCI World Index hinterließ der Abwärtstrend an den Aktienmärkten in den USA seine Spuren und er kam mit -2,1 Prozent wieder mit einem blauen Auge davon.
Die Rohstoffmärkte legten teilweise deutlich zu, was beim Ölpreis mit +12,6 Prozent zu Buche schlägt Bei den anderen Industriemetalle gab es zwischen Nulllinie und Kursanstieg alles. So lag Kupfer mit -0,2 Prozent relativ stabil, was bei Aluminium dagegen mit + 10,6 Prozent zu einem Kursfeuerwerk führte. Bei Nickel hingegen gab es genau das Gegenteil und der Kurs kam mit – 5,9 Prozent wieder stärker unter die Räder. Auch der Goldpreis musste mit -1,3 Prozent „Federn“ lassen.
Für Anleger kann das Ende der Zinsanhebungen eine einmalige Gelegenheiten bieten
Es wäre eine glatte Untertreibung, wenn man dieses Jahr als „interessantes Jahr an den Finanzmärkten“ bezeichnen würde. So haben sich Aktien stärker als von den meisten erwartet entwickelt und die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen stieg zum 13. September um 40 Basispunkte. Wie also ist die Lage vor dem letzten Quartal 2023? Nach Einschätzung von Experten stehen wir kurz vor einem großen Umschwung mit hervorragenden Chancen für langfristige Anleger, denn die Zentralbanken beenden ihre restriktive Geldpolitik und schlagen einen wesentlich moderateren Kurs ein.
Das vergangene Jahr 2022 war für viele Kapitalanleger ein Desaster: Zum ersten Mal seit mindestens 45 Jahren verzeichneten sowohl Aktien als auch Anleihen über den Zeitraum eines gesamten Kalenderjahrs negative Renditen. Denn die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) und andere Zentralbanken haben die Zinssätze stark angehoben, um der hohen Inflation entgegenzuwirken. Dies wirkte sich auf breiter Ebene auf die Renditen der Kapitalanleger aus. Die Anleger konnten in der Vergangenheit darauf vertrauen, dass eine Diversifikation mit Anleihen sie gegenüber der Volatilität von Aktien absichert – aber dieser Effekt fiel nahezu komplett aus.
Die Turbulenzen der Finanzmärkte im Jahr 2022 und die Aussicht auf relativ hohe Renditen an den Geldmärkten führten dazu, dass sich die Anleger bargeldähnlichen Produkten zuwandten. So war das Anlagevolumen bei Geldmarktfonds laut dem Investment Company Institute am 6. September 2023 mit 5,6 Billionen US-Dollar auf einem Allzeithoch. Geldmarktinvestitionen werden nach wie vor von vielen Anlegern als attraktiv eingestuft, aber die Fed und EZB scheinen kurz vor einem entscheidenden Wendepunkt zu stehen. Aus der Historie kann man ableiten, dass dies eine günstige Gelegenheit sein könnte, wieder auf Aktien und Anleihen zu setzen.
Die Historie zeigt, dass Renditen von Geldmarktpapieren am Ende von Zinserhöhungsphasen zurückgehen
Geldmarktfonds mögen mit einer Rendite von etwa 5 Prozent gegenüber von dreimonatigen US-Staatsanleihen als Vergleichsindex als attraktiv erscheinen, insbesondere nach der längeren Periode experimenteller Nullzinspolitik im Anschluss an die globale Finanzkrise. Doch die derzeit durch das Festhalten an Geldmarktinvestitionen erzielte Rendite wird durch die aktuell hohe Inflation geschmälert. Darüber hinaus ist anzunehmen, dass es nach Beendigung der Zinserhöhungen durch die Zentralbanken keine weitere Aufwärtsentwicklung bei geldmarktähnlichen Instrumenten geben wird.
Diese These wird von konkreten Zahlen der Vergangenheit gestützt. In den 18 Monaten nach Ende der letzten vier Zinserhöhungszyklen der Fed gingen die Renditen geldmarktähnlicher Anlagen jeweils schnell und stark zurück. Die Rendite dreimonatiger US-Staatsanleihen, die sich generell ähnlich wie geldmarktähnliche Instrumente entwickeln und deshalb als Vergleichsindex herangezogen werden, fiel dabei durchschnittlich um 2,5 Prozent. Sollte sich die Geschichte wiederholen, würden die Renditen von Geldmarktfonds sinken und Anleger würden mit aktiven Investments in Aktien und Anleihen besser abschneiden.
Am Ende von Zinserhöhungen der Fed überstiegen die langfristigen Renditen die von Investitionen in Barmittel am stärksten im ersten Jahr danach
Im Jahr nach dem Ende der letzten vier Zinserhöhungszyklen der Fed wiesen jeweils sowohl Aktien als auch festverzinsliche Wertpapiere starke Renditen auf. Für langfristige Anleger ist es deshalb auch wichtig zu wissen, dass diese relative Stärke dann über einen Zeitraum von fünf Jahren erhalten blieb.
Das Zins-Exposure, welches Anleihen im Jahr 2022 schadete, kommt ihnen nun bei sinkenden Zinsen zugute. Das folgende hypothetische Beispiel zeigt, wie es funktionieren könnte. Die Duration des Index als Maß für die Zinssensitivität beträgt 6,25 Jahre. Wenn also die Renditen 2024 um etwa 100 Basispunkte sinken, verzeichnen die Anleger eine positive Kursrendite von 6,25 Prozent, wenn alle anderen Faktoren unverändert bleiben. Diese Ertrags- und Kurskomponenten addieren sich zu einer hypothetischen einjährigen Rendite, die im zweistelligen Bereich liegen könnte, falls keine signifikante Verschlechterung der Bonität eintritt. Beim selben Szenario würden die Renditen von Geldmarktfonds unter 5 Prozent sinken.
Für Aktien gilt, dass bei Beendigung der Straffungspolitik ein Risiko für das Finanzsystem zurückgeht. Und da sich die Kreditkosten für Unternehmen und Verbraucher stabilisieren und schließlich zu sinken beginnen, erhöhen sich Wirtschaftswachstum und Unternehmensgewinne. In der Vergangenheit haben reine Aktienanleger davon profitiert.
Aktuell könnte eine gut diversifizierte Strategie auch für vorsichtigere Anleger attraktiv sein. Ausgewogene Portfolios beinhalten in der Regel defensivere Positionen mit Dividendenaktien und hochwertigen Anleihen. Wenn sich das Wirtschaftswachstum abschwächt oder es zu einer Rezession kommt, kann diese Strategie eine gewisse Stabilität bieten.
Ausblick auf die zukünftige Kapitalmarktentwicklung
Als zentraler Faktor für die Kapitalmärkte bleibt weiter die Konjunkturentwicklung von entscheidender Bedeutung. Vorerst ist noch kein Abgleiten in eine Rezession erkennbar, wobei die Daten in Europa für eine schwächere Konjunktur sprechen. Das Risiko einer deutlich schwächeren Konjunktur sollte aber eher im späteren Jahresverlauf oder zu Beginn des kommenden Jahres präsenter werden, wobei die Prognosemöglichkeiten bezüglich des genauen zeitlichen Verlaufs einer Konjunkturschwäche nicht überschätzt werden sollten.
Die Inflation wird in den kommenden Monaten leicht sinken, wodurch die Geldpolitik nicht mehr so im Vordergrund steht, wie in der jüngsten Vergangenheit. Auch wenn noch Leitzinserhöhungen vom Finanzmarkt eingepreist sind, so liegen die Höchststände der Leitzinsen schon in Reichweite. Auch eine etwas schwächere Konjunktur und ein fortgesetzter Rückgang der Inflation sollten für die Aktienmärkte weiter gute Rahmenbedingungen bleiben. Mittelfristig entwickelt sich wieder ein ansprechendes Umfeld für Staatsanleihen, aber auch Unternehmensanleihen mit guter Bonität bleiben interessant.
Als Basisinvestments sind in diesem Umfeld dividendenorientierte Anlagen ein Option. Auch ausgewählte Mischfonds gehören dazu. Für längerfristige Anlagethemen ist ein Fokus auf die „Alternde Gesellschaft“, die „Digitalisierung“, Klimawandel und Infrastruktur aussichtsreich. Im Anleihenbereich sind weiterhin Unternehmensanleihen aus dem Euroraum dem Vorzug gegenüber Staatsanleihen zu geben. Auch Anleihen von aufstrebenden Ländern und Unternehmen in Hartwährungen sowie Wandelanleihen können als Ergänzungsanlage für eine Depotbeimischung dienen. Auch offene Immobilienfonds können wegen ihrer geringen Schwankungsbreite zur Depotstabilisierung beitragen.
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Externe Quellen:
- Kategorie-Durchschnitte: monatliche Berechnung durch EDISOFT GmbH über das Fondsuniversum der FVBS-Datenbank
- Zinsen (Festgeld, Sparbuch): monatliche Durchschnittswerte der Dt. Bundesbank aus Meldungen deutscher Kreditinstitute
- Inflation: monatliche Zahlen des Statistischen Bundesamts
- Goldpreis: offizieller Feinunzen-Preis/London
- Bereich “Für Anleger kann das Ende der Zinsanhebungen eine einmalige Gelegenheiten bieten“ von Capital Group
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