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Zinskommentar August 2023 – Leitzinsen steigen weiter und die Gierflation treibt die Verbraucherpreise nach oben

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Zu der bisherigen Inflation und Kerninflation ist eine neue Inflationsart dazu gekommen: Die Gierflation. Dabei verursachen gierige Konzerne einen nachhaltigen Inflations-Turbo. Neben dem bekannten Big-Mac-Index, lassen sich an kaum einem Produkt die Preisunterschiede zwischen den Ländern so gut ablesen wie an Bierpreisen. Dabei ist die Preisspanne in Europa groß.

Aktuelle Daten der Datenbank für Lebenshaltungskosten Numbeo zeigen, dass ein halber Liter Bier in der isländischen Hauptstadt Reykjavik 9,53 Euro kostet, wenn man diesen in einer Kneipe trinkt, wogegen es im Supermarkt nur 2,90 Euro sind. Auch in London, Paris und Kopenhagen zahlt man viel – etwa 7,00 Euro im Restaurant. Da ist man in Deutschland mit 4,00 Euro eher auf der günstigen Seite. Am wenigsten kostet ein halber Liter Bier in Prag: 1,00 Euro im Supermarkt und 2,31 Euro in der Kneipe.

Inflation im Euroraum bleibt für die EZB weiterhin eine Herausforderung

Für die EZB-Chefin Christine Lagarde besteht in der Inflationsfrage die Schwierigkeit, alle einzelnen Länder im Euro-Raum richtig einzuschätzen und dennoch eine einheitliche EU-Inflationspolitik umzusetzen. Es gibt EU-Länder, die mit den Preissteigerungen sehr gut umgehen können. So war beispielsweise in Spanien, wo auch die Bierpreise günstig sind, die Inflationsrate moderat und lag im Juni 2023 bei 1,6 Prozent. In anderen Ländern wie Ungarn ist die Inflationsrate mit 19,9 Prozent zwölfmal so hoch und macht den Verbrauchern schwer zu schaffen. In Deutschland ist Inflationsrate nach aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamtes im Juli 2023 wieder auf 6,2 Prozent gesunken.

Bauzinsentwicklung über die fünf Jahre

So macht es der europäische Flickenteppich für eine einzelne Kontrollinstanz entsprechend schwer, eine Geldpolitik für alle zu machen. Die Europäische Zentralbank (EZB) muss diese Herkulesaufgabe umsetzen und entsprechend schwierig ist die Rolle von EZB-Chefin Christine Lagarde. Deshalb steht die EZB auch immer wieder in der Kritik – mal von der einen Seite, mal von der anderen Seite. Früher hieß es, Christine Lagarde habe zu spät auf die Inflation im Euroraum reagiert und viel zu lange eine Laissez-faire-Geldpolitik betrieben. Heute wirft man Christine Lagarde vor, die Leitzinsen immer weiter anzuheben, wie auch Ende Juli 2023 bei der letzten EZB-Zinssitzung vor der Sommerpause.

EZB dreht mit erneuter Leitzinserhöhung weiter an der Zinsspirale

Vor rund einem Jahr hat die EZB das tiefe Tal der jahrelangen Nullzinspolitik verlassen. Mit der mittlerweile neunten Leitzinserhöhung um weitere 0,25 Prozent hat die EZB die Zinsen auf 4,25 Prozent nach oben getrieben. Man könnte auch sagen: katapultiert. Denn so schnell wie in den letzten 12 Monaten hat die EZB die Zinsen noch nie erhöht. Für Christine Lagardes ist es auch deshalb so schwierig, weil nicht ganz klar ist, woher die aktuelle Inflation eigentlich kommt.

So hat sich Verbraucherpreisinflation in den letzten Monaten seit ihrem Höhepunkt im September 2022 deutlich abgeschwächt und etwa halbiert. So bleibt die Kerninflation, bei der die stark schwankenden Energie- und Nahrungsmittelpreise herausgerechnet werden, jedoch das Sorgenkind und ist sogar leicht gestiegen. Dies ist beunruhigend, da Zinserhöhungen in der Regel einen direkten Einfluss auf die Kerninflation haben. Deshalb bereitet den EZB-Notenbänkern die hartnäckig hohe Inflation in Europa große Sorgen, obwohl die Energiepreise mittlerweile wieder gesunken sind.

Ein Grund für die hartnäckig hohe Inflation könnte die Deglobalisierung sein

Die Corona-Pandemie hat den Welthandel schwer getroffen und er hat sich von den Auswirkungen noch nicht vollständig erholt. Deshalb haben viele Unternehmen ihren Fokus eher auf regional als global gelegt, was mit Kostensteigerungen verbunden ist. Die Abkehr von der Globalisierung führt zu weniger Handel, aber auch zu weniger Wettbewerb und damit tendenziell zu höheren Preisen.

Bei einigen Unternehmen kommt es im Zuge dieser Entwicklung zu einer sogenannten „Gierflation“, wovor auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde gewarnt hat. Gemeint ist damit, dass die Stimmung allgemeiner Preissteigerungen von einzelnen Marktteilnehmern ausgenutzt wird. So geben Unternehmen die höheren Kosten nicht nur vollständig an ihre Kunden weiter, sondern erhöhen die Preise darüber hinaus. Dieses Phänomen wird auch durch Studien bestätigt, wie beispielsweise von Allianz Trade im Lebensmittelbereich. Bei Untersuchung wurden Anzeichen für Gewinnmitnahmen und unzureichenden Wettbewerb gefunden, insbesondere bei Herstellern von Milchprodukten, Eiern sowie Obst und Gemüse.

Auch die Fed erhöhte noch einmal die Leitzinsen – Zinsgipfel damit erreicht?

Auch die Federal Reserve System (Fed) erhöhte wenige Tage vor der EZB den Leitzins noch einmal um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent. Nach der Zinspause im Juni 2023 ging Fed-Chef Jerome Powell damit wieder in die Vollen. Die Marktteilnehmer gehen nun davon aus, dass mit dem vierten Zinsschritt in diesem Jahr, der Höhepunkt der Zinserhöhungen erreicht sein könnte. Denn in den USA ist die Inflation inzwischen auf 3,0 Prozent gesunken und somit die Zielmarke von 2,0 Prozent in Sichtweite gerückt.

Die Fed hat auch signalisiert, dass weitere Zinserhöhungen im September 2023 nicht vorgesehen sind, aber dennoch möglich seien. Jerome Powell betonte, dass die US-Notenbänker die Wirtschaftsdaten in den kommenden Wochen genau beobachten werden, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das übliche Szenario also: Man kann viel voraussagen, aber dann wird das getan, was unmittelbar notwendig ist.

Baufinanzierungszinsen haben einen leichten Trend nach oben

Die Bauzinsen sind im letzten Monat stabil geblieben oder etwas nach oben gegangen. Steht eine erneute Zinserhöhungsphase bevor? Die meisten Experten rechnen eher weiter mit einer schwankenden Seitwärtsbewegung. Die Sollzinsen für Darlehen mit einer Zinsbindung von fünf Jahren sind im vergangenen Monat leicht gestiegen liegen bei 3,96 Prozent (Vormonat: 3,82 Prozent).

Auch die Bauzinsen für Darlehen mit einer Zinsbindung von zehn Jahren sind leicht gestiegen und liegen bei 3,62 Prozent (Vormonat: 3,47 Prozent). Auch die Zinsen für Darlehen mit einer Zinsbindung von 15 Jahren legten leicht zu mit 3,75 Prozent (Vormonat: 3,66 Prozent). Das gleiche gilt für die Bauzinsen mit einer Zinsbindung von 20 Jahren. Hier liegt der aktuelle Zinssatz bei 3,91 Prozent (Vormonat: 3,85 Prozent). Lediglich die Zinsbindungszeiten über 25 und 30 Jahre blieben gegenüber dem Vormonat konstant.

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Tendenz der Baufinanzierungszinsentwicklung:
kurzfristig: schwankend seitwärts
mittelfristig: schwankend seitwärts
langfristig: schwankend seitwärts

Entwicklung Leitzins, 10-jährige Bundesanleihe und Inflation der letzten fünf Jahre

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