Für die Inflationsbekämpfung ist zumindest für einige Quartale ein unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum nötig. Dies wird durch eine Kombination aus höheren Zinsen und Inflation entstehen. In den USA wird die Geldpolitik einen wichtigen Teil beitragen müssen, während in Europa der Inflation eine größere Rolle zukommt.
Die US-Notenbank Fed hat im September 2022 die Leitzinsen noch einmal deutlich um 75 Basispunkte angehoben, während der Zinspfad danach allmählich flacher ausfallen wird. Die Herausforderung für die Federal Reserve System (Fed) besteht darin, dass die Wirkung vergangener Zinserhöhungen auf die Wirtschaft einigermaßen gut abgeschätzt wird, um dem Ziel eines Soft-Landings möglichst nahe zu kommen. Zinserhöhungen gab es auch in der Eurozone, der Schweiz und in Großbritannien. Dagegen hat China die Zinsen im August 2022 gesenkt, während in Japan weiterhin keine Änderungen anstehen.
Entwicklung der Anlagemärkte im September 2022
Die Angst vor einer globalen Rezession und zu hohen Zinsen traf die Kapitalmärkte im September mit voller Wucht. In der Folge gab der globale Aktienindex MSCI World Index um -9,5 Prozent nach. Obwohl sich die Wirtschaftsaussichten in der Eurozone stärker eintrübten als in den USA, verloren US-Aktien und US-Anleihen überdurchschnittlich. Die Ursache lag an den überraschend aggressiven Tönen des Fed-Präsidenten Jerome Powell auf dem Notenbanktreffen in Jackson Hole Ende August 2022. Dort standen der geldpolitische Pfad der US-Zentralbank und die Inflationszahlen im Fokus der Anleger.
Der marktbreite S&P 500 Index gab -9,3 Prozent ab und der technologielastige NASDAQ Composite verlor mit -10,5 Prozent sogar zweistellig. In Europa konnten sich die Leitindizes Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Großbritanniens mit Verlusten von -4 bis -6 Prozent vergleichsweise gut behaupten. Auch in Asien ging es bergab, was beim NIKKEI 225 Index zu einem Rückgang von -7,7 Prozent führte und der chinesische Hang Seng Index verlor dagegen noch mehr und landete bei -13,7 Prozent.
An den Rentenmärkten kamen auch in der Folge der Zinserhöhungen der Notenbanken die globalen Investmentgrade-Anleihen massiv unter die Räder und fielen um 5,1 Prozent. Hauptursache war, dass die US-Notenbank ihren Straffungszyklus mit einem großen Zinsschritt von 75 Basispunkten fort setzte. Die Federal Reserve System (Fed) bekräftigte, den eingeschlagenen schnellen Zinspfad unvermindert beizubehalten, bis sich eine nachhaltige Abschwächung der Inflationsrate zeigt. Für die Marktteilnehmer war die Fed-Aussage, auch eine Rezession in Kauf zu nehmen, um den Preisauftrieb zu brechen, ein starkes Warnsignal. In der Folge stiegen die Finanzierungskosten und die Hypothekenzinsen auf den höchsten Stand seit 2008 und gaben Sorgen vor einer Immobilienkrise und einem heftigen Konjunktureinbruch neue Nahrung.
Auch Großbritannien trug seinen Anteil zu den Verwerfungen der Anleihemärkte bei. Dabei sorgte der neue Finanzminister mit der Aussage, die von der Vorgängerregierung geplante Erhöhung der Unternehmenssteuern nicht zu realisieren, eine Krise am britischen Markt für Staatsanleihen aus. Die Turbulenzen waren so heftig, dass sich Premierministerin Truss in Schadensbegrenzung übte und mehrere britische Immobilienfonds die Rückgabemöglichkeiten einschränkten. Auch die Bank of England war gezwungen, sich Anleihenkäufe in dreistelliger Milliardenhöhe genehmigen zu lassen und verstärkt Staatsanleihen aufzukaufen, um Ausfälle bei britischen Pensionsfonds zu verhindern.
Bei den Rohstoffen stürzte der Ölpreis um fast -11 Prozent ab. Der US-Dollar fungierte in den zunehmend volatileren globalen Währungsmärkten als sicherer Hafen und um +2,5 Prozent gegenüber dem Euro aufwerten. Dagegen konnte Gold seine Sicherheitsfunktion mit einem Abschlag von -3 Prozent im September 2022 nicht erfüllen.
Rentenmärkte – Gut gerüstet in eine neue Zeit in der die Inflation im Mittelpunkt steht
Durch die Turbulenzen an den Rentenmärkten wurden die Anleger auf eine harte Probe gestellt. So war jahrelang für die Kapitalmärkte das Wirtschaftswachstum ein zentrales Thema – jetzt rückt die Inflation in den Mittelpunkt. Und so das Jahr 2022 als das Jahr in Erinnerung bleiben, an dem sich die Rahmenbedingungen an den Rentenmärkten grundlegend geändert haben. In den entwickelten Ländern wurden Inflationsschocks verzeichnet, wie sie seit den Ölpreisschocks der Siebzigerjahre nicht mehr gesehen wurden.
Seit Ende der Neunzigerjahre hatte die Inflation nicht mehr so im Zentrum der gestanden, um im Jahr 2022 dagegen wieder in den Mittelpunkt zu rücken. In der Folge wurden steigende Preise zum wichtigsten Einflussfaktor für die Geldpolitik und die Finanzmärkte. Für manche jüngere Marktteilnehmer fühlt sich dies gänzlich neu an, denn die Rentenmarktindizes mussten im historischen Vergleich außerordentlich hohe Verluste hinnehmen. Im bisherigen Jahresverlauf konnten die Anleger praktisch an keinem Markt für Staatsanleihen auch nur ein bisschen Sicherheit finden.
Die Verluste am Rentenmarkt sind nach wie vor außerordentlich hoch, allerdings hat sich jedoch ihre Struktur im Jahresverlauf in gewissem Umfang geändert. Im ersten Quartal 2022 wurden die Kursrückgänge vor allem dadurch ausgelöst, dass Anleihen sensibel auf Zinsanhebungen reagierten, was auch als „Durationsrisiko“ bezeichnet wird. Die Renditen von relativ sicheren Staatsanleihen und von chancenreicheren Staatsanleihen und Unternehmensanleihen stiegen im Gleichschritt an. Im zweiten Quartal 2022 hielten die Verluste an, weil die Bonitätsrisiken als größer eingeschätzt wurden: Die Differenz zwischen den Renditen für sicherere bzw. riskantere Papiere weitete sich aus, weil erstere sanken und letztere weiter anstiegen.
Derzeit sind keine Anzeichen für ein Abklingen der Marktvolatilität zu erkennen. Dennoch können die Kurzrückgänge für langfristige Anleger eine interessante Einstiegsphase bedeuten.
Ausblick auf die zukünftige Kapitalmarktentwicklung
In einem Umfeld, dass derzeit durch unüblich viele Unwägbarkeiten geprägt ist, fungieren mittelfristige Szenarien als ein Sicherheitsanker. So kann in einem vernünftigen Szenario, bei dem zu Grunde gelegt wird, dass die überhöhte Inflationsphase in spätestens drei Jahren endet, kann eine wirtschaftliche Entwicklung ähnlich wie vor der Pandemie verlaufen. Dies bedeutet, dass das globale Wirtschaftswachstum verhalten ist und die Inflation weitgehend unter Kontrolle ist. Die aktuellen Anleiherenditen in Europa entsprechen etwa diesem mittelfristigen Szenario, während sie in den USA derzeit leicht über dem mittelfristigen Gleichgewichtswert liegen.
An den Kapitalmärkten wird derzeit, anders als noch vor einigen Monaten, davon ausgegangen, dass es den führenden Notenbanken gelingen wird, die Inflation auf ihr Ziel von 2 Prozent zurückführen. Diese veränderte Markteinschätzung zeigt sich etwa im Rückgang der Inflationserwartungen an den Anleihemärkten. Dies kann dahingehend interpretiert werden, dass viele Investoren mittlerweile etwas weniger auf die kurzfristigen wirtschaftlichen Verwerfungen als auf eine Rückkehr von Normalität in der mittleren Frist fokussiert sind.
Deshalb sind die die aktuellen Anleiherenditen im Vergleich zu Geldmarktanlagen interessanter. Zudem haben sich mit der nachlassenden konjunkturellen Dynamik die Aussichten für Anleihen verbessert. Bei Zukäufen sollten kürzere bis mittlere Laufzeiten, mit dem Ziel, Anleihen auf Verfall zu halten bevorzugt werden.
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Externe Quellen:
- Kategorie-Durchschnitte: monatliche Berechnung durch EDISOFT GmbH über das Fondsuniversum der FVBS-Datenbank
- Zinsen (Festgeld, Sparbuch): monatliche Durchschnittswerte der Dt. Bundesbank aus Meldungen deutscher Kreditinstitute
- Inflation: monatliche Zahlen des Statistischen Bundesamts
- Goldpreis: offizieller Feinunzen-Preis/London
- Bereich “Rentenmärkte – Gut gerüstet in eine neue Zeit in der die Inflation im Mittelpunkt steht“ von Allianz Global Investors GmbH
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