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Schenkung von Wertpapiervermögen mit Nutzung vom Nießbrauchrecht

Testament

Schenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt sind aus dem Immobilienbereich sehr bekannt und weit verbreitet. Dabei wird ein Vermögenswert verschenkt, allerdings behält man zu Lebzeiten die daraus resultierenden Einnahmen und Erträge. Ein Nießbrauch wird als privatschriftliche Vereinbarung zwi­schen dem Beschenkten (z. B. Kinder oder Enkelkinder) und dem Nießbrauchnehmer (z.B. dem Vater oder der Mutter) bei der Übertragung des Vermögenswertes abgeschlossen. Wer rechtzeitig handelt kann so größere Vermögenswerte ohne eine anfallende Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer an die nächste Generation übertragen, ohne auf die meist zum Leben benötigten Einnahmen zu verzichten.

Die Beliebtheit von Nießbrauch lässt sich leicht mit den damit verbundenen Vorteilen begründen:

  • Der Schenker behält die laufenden Erträge, seine laufende Liquidität bleibt ihm insoweit ungeschmälert erhalten.
  • Mit dem Übertrag der Substanz werden auch zukünftige Wertsteigerungen bereits „schenkungssteuerfrei“ übertragen.
  • Die Schenkungssteuerfreibeträge der nächsten Generation werden genutzt.
  • Der Kapitalwert des Nießbrauchs reduziert die schenkungssteuerliche Bemessungsgrundlage.

Daher liegt es nahe, auch Wertpapiervermögen auf diese Art und Weise der nächsten Generation zu schenken. Und das funktioniert auch, allerdings ist die Umsetzung regelmäßig wesentlich komplexer als bei Immobilien.

Anzahl der steuerpflichtigen Erbschaften und Schenkungen in Deutschland

Warum ist Nießbrauch beim Wertpapierdepot komplexer

Das hängt vor allem daran, dass es regelmäßig keinen klar definierten jährlichen Ertrag für die Bewertung des Nießbrauchs gibt. Was bei Immobilien durch die Miete beziehungsweise die ortsübliche Miete (bei eigengenutzten Objekten) abzüglich der Bewirtschaftungskosten etc. relativ klar und gut zu ermitteln ist, fällt beim Depot je nach Wertpapierart sehr schwer. Denn der Nießbrauch bezieht sich auf den laufenden Ertrag, etwaige Wertveränderungen wie Kursgewinne der Vermögenssubstanz sind hier nicht zu berücksichtigen.

Welchen Ertrag ansetzen?

Bleibt also die Frage, was als Ertrag beim Depot angesetzt werden muss beziehungsweise darf. Ein Blick ins Bewertungsgesetz § 15 BewG – Jahreswert von Nutzungen und Leistungen könnte eine Orientierung geben:

  • (1) Der einjährige Betrag der Nutzung einer Geldsumme ist, wenn kein anderer Wert feststeht, zu 5,5 Prozent anzunehmen. (…)
  • (3) Bei Nutzungen oder Leistungen, die in ihrem Betrag ungewiss sind oder schwanken, ist als Jahreswert der Betrag zugrunde zu legen, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt werden wird.

Aus dem Absatz 1 geht hervor, dass bei Geldsummen 5,5 Prozent ansetzbar sind. Aber handelt es sich bei einem Depot um eine Geldsumme? Wohl eher nicht. Also dann laut Absatz 3 der zukünftig zu erwartende Ertrag.

Aber wie hoch ist dieser Ertrag?

Man könnte sich mit einer Prognose des Vermögensverwalters behelfen, der bei der entsprechenden Allokation von einer jährlichen Rendite nach Kosten in Höhe von 5 Prozent ausgeht. Hier stellt sich das Problem, dass in dieser Rendite wohl auch ein nicht zu vernachlässigender Anteil an Kurssteigerungen enthalten ist. Und Kurssteigerungen sind keine einem Nießbrauch unterliegenden laufenden Erträge. Daher bleibt nach Meinung von Experten nur, die für den Aktienanteil zu erwartende Dividende (Dividendenrendite) sowie die für den Rentenanteil zu erwartenden Zinsen anzusetzen. Für ein Portfolio aus 70 Prozent Aktien und 30 Prozent Renten ergibt das vielleicht 2,1 Prozent (70 mal 3 Prozent angenommene Dividendenrendite plus 30 mal 0 Prozent Zinsen). Die Kosten der Bewirtschaftung sind ebenfalls noch zu berücksichtigen.

Steuerliche Anerkennung unsicher

Die von dem einen oder anderen Berater oder Anbieter in Berechnungsbeispielen angenommene Rendite von 5 Prozent wird daher in vielen Fällen der Prüfung durch das zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt kaum standhalten können. Aber natürlich kann es sein, dass der Finanzbeamte die Rechnung „durchwinkt“, das ist nicht auszuschließen. Je höher die angesetzte Rendite, desto höher der Barwert des Nießbrauchs und desto geringer die steuerliche Bemessungsgrundlage für die Schenkung.

Unabhängig davon bleibt der Nießbrauch am Wertpapierdepot dennoch eine interessante Gestaltung, es gilt aber eine erhöhte Aufmerksamkeit bei der Abwicklung. Ein gut formulierter Nießbrauchsvertrag mindert die Abgrenzungsprobleme zwischen Erträgen und Substanz. In früheren Jahren gab es häufig Probleme mit der richtigen steuerlichen Zuordnung der Erträge und entsprechend fehlerhaften Steuerbescheinigungen. Je nach Abwicklungspartner stellt dies heute kein Problem mehr dar, gängige Wertpapiersysteme können sowohl den Vorbehalts- als auch den Zuwendungsnießbrauch korrekt abbilden. Der steuerliche Berater kann mit einer guten administrativen Abbildung die Erträge dem Nießbraucher und die Substanzgewinne/-verluste dem Beschenkten zuordnen.

Gestaltungen in der Praxis

Wer gegenüber dem Finanzamt – wie zuvor beschrieben – mit 5 Prozent Ertrag argumentieren möchte, sollte in zwei Schritten vorgehen: Zunächst nur einen Teil der vorgesehenen Summe schenken und die Reaktion des Erbschaftsteuerfinanzamts abwarten. Sollte das Finanzamt die 5 Prozent anerkennen, kann dann der Rest der Schenkung erfolgen. Wenn nicht und das Finanzamt lässt nur 2,1 Prozent Ertrag gelten, kann man den Schenkungsumfang entsprechend nach unten anpassen. Alternativ kann mit Rückabwicklungsrechten im Fall abweichender Steuerfestsetzungen gearbeitet werden. Und außerdem gilt: Unbedingt einen spezialisierten Steuerberater respektive Fachanwalt einbinden. Eine solche Gestaltung sollte keinesfalls ohne steuerliches Spezialwissen umgesetzt werden!

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Bildnachweis

Quelle: Netfonds AG, Andreas Maage, Mario Kuppe

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